Seit Frau Gruber erfahren hat, dass Herr Becker eine unaufschiebbare Operation hat, ging alles schief. Denn kurz darauf hatte Herr Fischer einen schweren Unfall beim Mountainbiken. Seitdem hat sie nur mehr drei Mitarbeiter an ihrem Produktionsstandort, die als Schichtleiter für eine bestimmte Fertigungsstraße infrage kommen. Damit kann sie gerade noch den Dienstplan aufrechterhalten. Allerdings nimmt, dass ein jähes Ende, sobald Herr Krüger seinen wohlverdienten Urlaub antritt. Denn die beiden Mitarbeiter, die krankheitsbedingt ausfallen, sind noch nicht fit. Bei einem Unternehmen mit einer doch recht hohen Anzahl an Produktionsstandorten, muss es doch eine Möglichkeit geben jemanden für zwei Wochen zu uns zu holen, denkt sich Frau Gruber. Wenn ich nicht bald jemanden finde, müssen wir den Teil der Produktion stilllegen. Das wird unsere Vorstände und auch den Werksleiter gar nicht freuen.

Das Grundübel ist, dass zwei sehr unglückliche Zufälle zusammengekommen sind, und aufgrund des Fachkräftemangels ist die Produktion schon seit geraumer Zeit knapp besetzt. Früher oder später musste es so kommen, aber gerade jetzt bei der inzwischen endlich wieder guten Auftragslage ist das mehr als nur ärgerlich. Da die Diensteinteilung und Kommunikation mit den Mitarbeitern der Produktion hauptsächlich über eine App erfolgt, ist es auch gar nicht so einfach einen allgemeinen Aufruf zu starten. Das Aufhängen von Zetteln und Einspielen einer Information auf den Bildschirmen in Umkleiden, Kantine und Freizeiträumen hat Frau Gruber bereits probiert. Bis jetzt hat sie aber noch keine Rückmeldung erhalten, ob jemand Interesse hätte gegen eine Prämie für zwei Wochen an einem anderen Standort zu arbeiten. Noch dazu braucht der Mitarbeiter bestimmte Qualifikationen, damit er überhaupt infrage kommt.

Es wäre bestimmt einfacher, wenn die Personalverwaltungssysteme miteinander vernetzt wären. Aktuell ist das nur teilweise der Fall und so fehlt Frau Gruber der dringend benötigte Überblick. Jeder Standort hat sein eigenes IT-System behalten und in vielen Fällen werden Qualifikationen und Zertifikate nur nebenbei in Listen geführt. Mit einem tiefen Seufzer murmelt Frau Gruber: „Wie konnte es nur zu diesem unendlichen Schlamassel kommen?“. Natürlich würde Herr Krüger auf seinen Urlaub verzichten, das möchte sie aber nicht, da Frau Gruber ihm aktuell nicht einmal sagen könnte, wann ein Urlaub wieder möglich wäre. Als letzten verzweifelten Ausweg schickt sie vor dem Heimgehen noch E-Mails an alle Werksleiter und Betriebsräte. Eventuell fällt ihnen jemand ein, der die erforderlichen Qualifikationen hat und das Geld gut brauchen kann.

Einige Tage später erhält Frau Gruber den erlösenden Anruf, in einem Werk nur ein paar Autostunden entfernt hat sich ein Schichtleiter gefunden, der früher an einer ähnlichen Fertigungsstraße gearbeitet hat und dadurch die benötigten Qualifikationen hat. Da er gerade ein Haus baut, ist ihm das zusätzliche Geld mehr als willkommen. Das ist ein unglaublicher Glücksfall und rettet den Urlaub von Herrn Krüger und auch die lokale Produktion.

So weitergehen kann es trotzdem nicht, denkt sich Frau Gruber. Wir sind noch einmal mit heiler Haut davongekommen, aber beim nächsten Mal kann es schon ganz anders aussehen. Deshalb setzt sie eine Umfrage für alle HR-Abteilungen der Produktionsstandorte auf, um zu erheben, welche Bereiche knapp besetzt sind und seit wann das der Fall ist. Denn damit wird sie den Vorständen zeigen, wie riskant das jetzige Vorgehen ist. Es gibt sicher mehrere Standorte, die in einer ähnlichen Situation wie Frau Gruber sind.

Die mittelfristige Lösung ist die Etablierung einer zentralen Lösung für Organisationsmanagement. Dabei kann jeder sein lokales Personalmanagement-System behalten und trotzdem gibt es eine zentrale Datenbasis in der die Mitarbeiterstammdaten aller Standorte, inkl. Qualifikationen und Zertifikate, abrufbar sind. Mit diesem Ziel vor Augen macht sich Frau Gruber an die Arbeit und ist schon gespannt auf das Ergebnis ihrer Umfrage.